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Marx 2000 ~ Fachbegriffe, Eigennamen, Personen


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Vokabular, Akteure und Organisationen


A

Adler, Friedrich (1879-1960), Sohn von Victor, Führer der österr. Sozialdemokratie, Theoretiker des Austromarxismus; Privatdozent an der Züricher Universität (1907-1911); Redakteur des »Volksrechts« (1910/11), Organ der schweiz. Sozialdemokratie; später Sekretär der österr. Sozialdemokratischen Partei; erschoss am 21. Oktober 1916 den österr. Ministerpräsidenten Graf Stürgkh, diese Tat bezeichnete Lenin als die »Verzweiflungstat eines Kautskyaners«; als Reformist in der Politik 1921-1923 einer der Re-Organisatoren der II. Internationale; später einer der Führer der SAI.

Adler, Max (1873-1937), Soziologe, Theoretiker des Austromarxismus; seit 1921 Professor für Soziologie an der Wiener Universität; versuchte eine Verbindung des Neukantianismus mit dem Marxismus.

Adler, Victor (1852-1918), Führer der österr. Sozialdemokratie; vereinigte auf dem Hainfelder Parteitag 1888/89 die österr. Arbeiterbewegung in der Sozialdemokratischen Partei und wurde deren Vorsitzender; gab das Parteiorgan »Arbeiter-Zeitung« heraus; erarbeitete 1899 das Brünner Programm; seit Jahrhundertwende auf Position des Austromarxismus; 1918 Staatssekretär des Auswärtigen, Mitbegründer der I. Österreichischen Republik, setzte sich für den Anschluss Deutsch-Österreichs an das Deutsche Reich ein.

Affre, Denis-Auguste (1793-1848), frz. Geistlicher, Erzbischof von Paris (1840-1848); während der Juni-Insurrektion 1848 in Paris von Regierungstruppen erschossen, als er versuchte, die aufständischen Arbeiter zur Niederlegung der Waffen zu bewegen.

Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (ADAV): am 23. Mai 1863 von F. Lassalle gegründete Arbeitervereinigung (»Lassalleaner«) mit gewerkschaftlichen und politischen Zielen reformistischer Natur, Vorläufer der dt. Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei (1875 Vereinigung mit den »Eisenachern«).

Arbeiter-Zeitung: Organ der österr. Sozialdemokratie, erschienen seit 1889 in Wien; Redakteur war Victor Adler; in den 1890er Jahren veröffentlichte sie mehrere Arbeiten von Engels; zu ihren Mitarbeitern gehörten auch August Bebel, Eleanor Marx-Aveling und andere Vertreter der Arbeiterbewegung.

Aurelle de Paladines, Louis-Jean-Bapitiste d' (1804-1877), frz. General; befehligte im Deutsch-Französischen Krieg die Loire-Armee: im März 1871 Befehlshaber der Nationalgarde von Paris; Klerikaler, Deputierter der Nationalversammlung von 1871.

Austromarxismus: die seit 1904 von K.Renner, R. Hilferding, M. Adler, V. Adler, O. Bauer u. a. propagierte österr. reformistische Umdeutung des Marxismus – Hauptmerkmale: national-kulturelle Autonomie, d. h. Erhaltung des habsburg. Staates statt Selbstbestimmungsrecht der Nationen; Reformen und Ausgleich mit dem Kapital statt sozialistische Revolution; theoretisches Anknüpfen an den Idealismus (Kant, Mach u. a.); Kompromisspolitik; nach 1917 antibolschewistische Tendenzen.

Axelrod, Pawel (Paul) Borissowitsch (1850-1928), russ. Publizist und Redakteur, Mitbegründer der Gruppe Befreiung der Arbeit; seit der Spaltung der SDAPR 1903 Ideologe der Menschewiki; nach der Oktoberrevolution 1917 entschiedener Gegner der Sowjetmacht, trat für die Intervention gegen die Sowjet-Union ein und emigrierte nach Berlin.

B

Bakunin, Michail Alexandrowitsch (1814-1876), einer der russ. Ideologen und Publizisten des Anarchismus; Teilnehmer der Revolution 1848/49 in Frankreich, Polen und Deutschland, 1849 Auslieferung nach Russland; 1861 Flucht aus sibir. Verbannung; beeinflusste die Volkstümlerbewegung; vertrat panslawistische Anschauungen; in der IAA (Mitglied seit 1864) entschiedener Gegner Marx', 1872 auf dem Haager Kongress wegen Spaltertätigkeit ausgeschlossen.

Baldwin, Stanley, 1st Earl of Bewdley (1867-1847), brit. Politiker (Konservative Partei); Finanzsekretär im Finanzministerium (1917-1921), Handelsminister (1921/22), Schatzkanzler (1922/23), 1923/24 und 1924-1929 Premierminister (1926 Generalstreik); leitete 1927 eine Kampagne zur Beschneidung der Macht der Gewerkschaften ein, 1935-1937 erneut Premier.

Bauer, Otto (1881-1938), Theoretiker des Austromarxismus; entwickelte mit K. Renner die Theorie von der national-kulturellen Autonomie (»Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie«, 1909); setzte sich 1918 als Außenminister für den Anschluss Deutsch-Österreichs an das Deutsche Reich ein, trat nach dem Scheitern dieses Plans zurück und wurde führender Theoretiker der II. Internationale; 1934 Emigration in die Tschechoslowakei.

Bebel, August (1840-1913), Mitbegründer und einer der bedeutendsten Führer der dt. Sozialdemokratie; Freund und Schüler von Marx und Engels; als entschiedener Gegner des preuß. Militarismus setzte er sich für die Einigung Deutschlands auf revolutionär-demokratischen Wege ein; 1869 Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Eisenach; Mitglied des Reichstags (1867-1881 und 1883-1913); seine Kritik am Eroberungskrieg 1870/71 brachte ihm eine Verurteilung wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung ein (1872-1875 in Haft); 1875 Vereiniger der dt. Sozialdemokratie auf dem Gothaer Parteitag; 1880-1890 Herausgeber der illegalen Parteizeitung »Der Sozialdemokrat«; Lenin nannte ihn den »fähigsten Parlamentarier Europas, [den] talentiertesten Organisator und Taktiker der internationalen Sozialdemokratie, die dem Reformismus und dem Opportunismus feindlich gegenüberstand« – Werke: »Unsere Ziele« (1870); »Die Frau und der Sozialismus« (1883); »Charles Fourier« (1887); »Aus meinem Leben« (3 Bde. 1910-1914).

Befreiung der Arbeit (Oswoboschdenije truda): 1883 in Genf von G. W. Plechanow, P. B. Axelrod, V. I. Sassulitsch u. a. gegründete erste russ. marxistische Gruppe, übersetzte wichtige Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels ins Russische und erarbeitete erste Programmentwürfe; Gegner der Narodniki und einer der Vorläufer der SDAPR.

Bernstein, Eduard (1850-1932), Führer des opportunistischen rechten Flügels der dt. Sozialdemokratie und der II. Internationale; theoretischer Begründer des Revisionismus (»Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie«, 1899); schloss sich 1872 der Sozialdemokratischen Partei an und wirkte 1875 maßgeblich an der Ausarbeitung des Gothaer Programmes mit; 1880-1888 Exil in Zürich, 1888-1901 in London; 1880-1890 mit August Bebel Herausgeber der illegalen Parteizeitung »Der Sozialdemokrat«; in London Kontakt mit Engels und Kautsky; Mitglied des Reichstags (1901/02-1906, 1912-1918 und 1920-1928); 1917-1920 Mitglied der USPD.

Beslay, Charles (1795-1878), frz. Unternehmer, Literat und Politiker; Mitglied der IAA, Proudhonist, Mitglied der Pariser Kommune und der Finanzkommission der Kommune; Delegierter der Kommune bei der Bank von Frankreich, war gegen die Nationalisierung der Bank und gegen Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten; emigrierte nach der Niederschlagung der Kommune in die Schweiz.

Blanc, Jean-Joseph-Charles-Louis (1811-1882), frz. Politiker und Publizist; kleinbürgerlicher Sozialist; Hauptwerk: »Organisation der Arbeit« (1839/40); gehörte nach der Februarrevolution 1848 als Arbeitervertreter der Provisorischen Regierung, dann der sog. Luxembourgkommission an; 1871 Mitglied der Nationalversammlung, Gegner der Pariser Kommune.

Blanchet (eigtl. Stanislaw Pourille) (geb. 1833), Ex-Kapuziner; diente während der Belagerung von Paris in der Nationalgarde, wurde in die Pariser Kommune gewählt: im Mai 1871 als Polizeiagent entlarvt und verhaftet; emigrierte nach der Niederschlagung der Kommune in die Schweiz.

Blanqui, Louis-Auguste (1805-1881), frz. Revolutionär, utopischer Kommunist; Organisator mehrerer Geheimgesellschaften und Verschwörungen, aktiver Teilnehmer der Revolutionen von 1830 und 1848; Führer der geheimen Gesellschaft der Jahreszeiten, Organisator des Aufstands vom 12. Mai 1839; einer der Führer des Aufstands vom 31. Oktober 1870 in Paris, befand sich zur Zeit der Kommune in Haft; verbrachte insgesamt 36 Jahre im Gefängnis und in Strafkolonien, 1879 begnadigt; Schriftensammlung »Critique sociale« (1888).

Bolschewiki (»Bolschewisten«) [russ.: »Mehrheitler«]: die 1903 aus der Spaltung der SDAPR hervorgegangene radikale Fraktion unter Lenin, 1912 Konstitution als eigene Partei SDAPR (B); ab 1918 Kommunistische Partei Russlands (KPR), 1925 Kommunistische Allunionspartei, 1952 Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU); im dt. Sprachraum und in den deutschsprachigen Dokumenten der Internationale lief die Partei seit 1925 unter der Abkürzung KPdSU; 1917-1991 alleinregierende Staatspartei; ab 1921 einzige legale politische Partei in Sowjet-Russland.

Bomba, König – siehe Ferdinand II.

Bonaparte – siehe Napoleon III.

Boon, Martin James, Mechaniker; Anhänger der sozialreformerischen Ansichten des Chartisten James Bronterre O'Brien; Mitglied des Generalrats der IAA (1869-1872), Sekretär der Land and Labour League, 1872 Mitglied des Britischen Föderalrats.

Bradnick, Frederick, Mitglied des Generalrats der IAA (1870-1872), 1871 Delegierter der Londoner Konferenz; schloss sich 1872 nach dem Haager Kongress dem reformistischen Flügel des Britischen Föderalrats an und wandte sich gegen die Beschlüsse des Kongresses; wurde später aus der IAA ausgeschlossen.

Bund der Geächteten: 1834 in Paris von dt. Handwerksgesellen und kleinbürgerlichen Intellektuellen gegründeter Geheimbund; kämpfte für die Beseitigung der Fürstenherrschaft und die Einigung Deutschlands.

Bund der Gerechten: 1836 in Paris von ehemaligen Mitgliedern des Bundes der Geächteten gegründete erste selbständige Organisation der dt. Arbeiterklasse, Vorläufer des Bundes der Kommunisten.

Bund der Kommunisten: 1847 in London gegründete erste »marxistische« Partei; Satzung: »Statuten des Bundes der Kommunisten« (1847) und Programm: »Manifest der Kommunistischen Partei« (1848) erarbeitet von Karl Marx und Friedrich Engels; umstrittener Einfluss auf die europäischen Revolutionen von 1848/49; Organ war die von Marx redigierte »Neue Rheinische Zeitung«; nach dem Kölner Kommunistenprozess von 1852 wurde der Bund aufgelöst.

C

Cabet, Étienne (1788-1856), frz. Jurist und Publizist, utopischer Kommunist; Verfasser des utopischen Romans »Voyage en Icarie« (1842, dt. 1894).

Calonne, Charles-Alexandre de (1734-1802), frz. Staatsmann; Generalkontrolleur der Finanzen (1783-1787), während der Französischen Revolution einer der Führer der konterrevolutionären Emigration.

Cavaignac, Louis-Eugène (1802-1857), frz. General und Politiker, gemäßigter bürgerl. Republikaner, nahm in den 1830er Jahren an der Eroberung Algeriens teil und war wegen seiner barbarischen Kriegführung berüchtigt; Kriegsminister (Mai bis Juni 1848), unterdrückte grausam den Juniaufstand des Pariser Proletariats; Ministerpräsident (Juni bis Dezember 1848).

Changarnier, Nicolas-Anne-Théodule (1793-1877), frz. General und Staatsmann, Monarchist, 1848/49 Deputierter der konstituierenden und gesetzgebenden Nationalversammlung, nach dem Juni 1848 Oberkommandierender der Nationalgarde und der Garnison von Paris, ließ die Demonstration vom 13. Juni 1849 niedersäbeln, wurde nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 verhaftet und verbannt; kehrte 1859 nach Frankreich zurück; gehörte im Deutsch-Französischen Krieg zum Stab der Rheinarmee und wurde in Metz gefangengenommen; 1871 Deputierter der Nationalversammlung.

Chartisten: Frühform der brit. Arbeiterbewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts, entstanden zur Durchsetzung eines Verfassungsvorschlags, der People's Charter (»Volkscharta«, 1837) – 1. Etappe (1837-1839): Formierung, Trennung in gemäßigten (Lovett) und radikalen Flügel (O'Connor), 1. Petition (1839) vom Parlament abgelehnt; – 2. Etappe (1840-1848): Bildung einer Parteiorganisation (National Charter Association, 1840) unter Führung der radikalen Kräfte (Engels: »erste Arbeiterpartei unserer Zeit«), 2. Petition (1842) mit ökonomischen Forderungen verbunden; 1845 sozialistischer Flügel (Brüderliche Demokraten) organisiert; – 3. Etappe (nach 1848): Aufschwung durch bürgerlich-demokratische Revolutionen in Europa, 3. Petition (1849), Verrat durch die Arbeiteraristokratie, danach bis 1858 Verfall; die Chartistenbewegung war trotz Uneinigkeit und Misserfolg die »erste breite, wirklich Massen erfassende, politisch klar ausgeprägte proletarisch-revolutionäre Bewegung« (Lenin).

Clemenceau, Georges-Benjamin (1841-1929), frz. Politiker und Publizist (»der Tiger«); Begründer der Radikalen Partei; Innenminister (1906), Ministerpräsident (1906-1909); entschiedener Verfechter der frz. Hegemonie in Europa und erbitterter Gegner Deutschlands; November 1917 bis Januar 1920 erneut Premier und zugleich Kriegsminister; Vorsitzender der Pariser Friedenskonferenz (Versailler Vertrag) und verantwortlich für die frz. Interventionen im russ. Bürgerkrieg; nach seiner Niederlage im Kampf um die Präsidentschaft 1920 Rückzug aus der Politik – Clemenceaus Zeitungen: »La Justice« (seit 1880); »L'Aurore« (gegr. 1897; Forum des Laizismus; bringt in der Dreyfus-Affäre Émile Zolas »J'Accuse…!«); Wochenzeitung »Le Bloc« (1900-1902); »L'Homme Libre« (gegr. 1913; Sprachrohr seines gegen Deutschland gewandten Militarismus; bei Kriegsausbruch verboten, zwei Tage später erscheint sie als »L'Homme Enchâiné«).

Coëtlogon, Louis-Charles-Emmanuel, comte de (1814-1886), frz. Beamter, Bonapartist; einer der Organisatoren der konterrevolutionären Demonstration in Paris vom 22. März 1871.

Cohn (Cohen), James, engl. Zigarrenarbeiter, Vorsitzender der Londoner Vereinigung der Zigarrenarbeiter, Mitglied des Generalrats der IAA (1867-1871), korrespondierender Sekretär für Dänemark (1870/71), 1868 Delegierter des Brüsseler Kongresses und 1871 der Londoner Konferenz der IAA.

Corbon, Claude-Anthime (1808-1891), frz. Politiker, Republikaner, 1848/49 Deputierter der konstituierenden Nationalversammlung; nach dem Sturz des II. Kaiserreiches Maire eines Pariser Arrondissements, Deputierter der Nationalversammlung von 1871.

Correggio, (eigtl. Antonio Allegri) (1489-1534), ital. Renaissancemaler.

D

Darboy, Georges (1813-1871), frz. Theologe; seit 1863 Erzbischof von Paris, im Mai 1871 von der Kommune als Geisel erschossen.

Deismus: religionsphilosophische Lehre, die zwar einen Gott als Weltschöpfer anerkennt, ihm aber jede Einwirkung auf die fortschreitende Entwicklung der Welt abspricht; im Kampf gegen die im Feudalismus herrschende kirchliche Weltanschauung war der Deismus eine fortschrittliche Richtung; die Deisten kritisierten u. a. die mittelalterlich-religiösen Vorstellungen und kirchlichen Dogmen und entlarvten den Parasitarismus der Geistlichkeit; besonders ausgeprägt bei Voltaire und Rousseau.

Demokratische Gesellschaft (Association démocratique): im Herbst 1847 in Brüssel gegründeter Zusammenschluss revolutionärer und radikaler Demokraten verschiedener Schattierungen; Anteil an der Gründung hatten auch Karl Marx und Friedrich Engels, ersterer wurde am 15. November 1847 zum Vizepräsidenten gewählt; Präsident wurde der belg. Demokrat L. Jottrand; während der Februarrevolution in Frankreich versuchte der linke Flügel der Gesellschaft, die Bewaffnung der Arbeiter durchzusetzen und die Revolution nach Belgien zu tragen; Anfang März 1848 wurde Marx aus Brüssel ausgewiesen und mit den revolutionären Mitgliedern der Gesellschaft hatten die belg. Behörden bald abgerechnet; 1849 stellte sie ihre Tätigkeit ein.

Demokratische Partei (Democratic Party): irreführender Name einer der beiden Hauptparteien des US-Systems, 1832 als Partei der demokratischen Volksbewegung unter Andrew Jackson gegründet, hervorgegangen aus der Demokratisch-Republikanischen Partei.

Demokratisches Wochenblatt: dt. Arbeiterzeitung, erschienen 1868/69 unter Redaktion Wilhelm Liebknechts; ab Dezember 1868 Organ des Verbandes der dt. Arbeitervereine, an dessen Spitze August Bebel stand; auf dem Eisenacher Kongress 1869 zum Zentralorgan der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei erklärt und in »Der Volksstaat« umbenannt.

Demokratisch-Republikanische Partei (Democratic-Republican Party): zwischen 1788 und 1792 unter Thomas Jefferson in Opposition zu George Washington entstandene lockere politische Gruppierung in den USA, die in Auseinandersetzungen über die Verfassung (Föderalismus, Alexander Hamilton) und die frz. Revolution festere Konturen annahm; 1824/25 gespalten in National-Republikaner (unter John Quincy Adams und Henry Clay), die Neuengland und das Kapital des Westens vertraten, und die D. P. unter Andrew Jackson, der den Süden und die Farmer des Westens vertrat; letztere nannten sich seit 1832 Demokratische Partei, erstere seit 1834 Whigs, 1840 forderte die Demokratische Partei erstmals die Erhaltung der Sklaverei.

Denikin, Anton (1872-1947), russ. Generalleutnant; 1919 Oberbefehlshaber der konterrevolutionären weißen Truppen in Südrussland und der Ukraine, Ende des Jahres von der Roten Armee weitgehend geschlagen, emigrierte er ins Ausland; sein Nachfolger wurde Wrangel.

Deutsche-Brüsseler-Zeitung: von dt. politischen Emigranten in Brüssel gegründetes Blatt, erschienen Januar 1847 bis Februar 1848; Herausgeber und Redakteur war Adalbert von Bornstedt, ein kleinbürgerlicher Demokrat, der versuchte, die verschiedenen Strömungen des radikalen und demokratischen Lagers miteinander zu versöhnen; unter dem Einfluss von Marx, Engels u. a. wurde die Zeitung jedoch immer mehr zu einem Sprachrohr revolutionärer Ideen; ab September waren Marx und Engels ständige Mitarbeiter und gewannen unmittelbaren Einfluss auf die Richtung des Blattes, in den letzten Monaten des Jahres 1847 hatten sie praktisch die Leitung inne.

Deutsch-Französische Jahrbücher: unter Redaktion von Karl Marx und Arnold Ruge in dt. Sprache in Paris herausgegeben; es erschien lediglich eine Doppelnummer im Februar 1844 mit den Arbeiten von Marx: »Zur Judenfrage«, »Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung« und Engels: »Die Lage Englands. ›Past and Present‹ by Thomas Carlyle«.

Deutscher Bildungsverein für Arbeiter: am 7. Februar 1840 in London von Karl Schapper, Joseph Moll, Heinrich Bauer und anderen Mitgliedern des Bundes der Gerechten gegründet; nach der Bildung der Bundes der Kommunisten übernahm dieser die führende Rolle; am 17. September 1850 traten Karl Marx, Friedrich Engels u. a. aus dem Verein aus, weil er im Streit zwischen der Zentralbehörde des Bundes und der Gruppe um Willich und Schapper (Marx nannte sie »Sonderbund«) Partei für letztere ergriff; Ende der 1850er Jahre nahmen Marx und Engels wieder an der Arbeit des Vereins teil; 1918 von der brit. Regierung verboten; nach der Jahrhundertwende wurde der Verein von vielen russ. politischen Emigraten aufgesucht.

Dombrowski (Dabrowski), Jaroslaw (1836-1871), poln. revolutionärer Demokrat, in den 1860er Jahren Teilnahme an der nationalen Befreiungsbewegung in Polen; General der Pariser Kommune, seit Mai 1871 Oberbefehlshaber aller bewaffneten Kräfte der Kommune, fiel auf den Barrikaden.

Douay, Félix (1816-1879), frz. General, befehligte im Deutsch-Französischen Krieg das VII. Korps, wurde in Sedan gefangengenommen; später Befehlshaber des IV. Korps der Versailler Armee, Henker der Pariser Kommune.

Drumont, Edouard (1844-1917), frz. Journalist und Schriftsteller; gründete 1892 die Zeitung »La libre parole«, Forum des frz. Antisemitismus.

Dufaure, Jules-Armand-Stanislas (1798-1881), frz. Advokat und Staatsmann, Orleanist, 1848 bürgerlicher Republikaner; 1848-1851 Deputierter der konstituierenden und der gesetzgebenden Nationalversammlung, Henker der Pariser Kommune; Minster für öffentl. Arbeiten (1839/40), Innenminister (1848/49), Justizminister (1871-1873, 1875/76, 1877-1879) und Ministerpräsident (1876, 1877-1879).

Dühring, Eugen Carl (1833-1921), eklektischer Philosoph und Ökonom, Vertreter des reaktionären kleinbürgerlichen Sozialismus, vereinigte in seiner Philosophie den Idealismus, den Vulgärmaterialismus und den Positivismus; von 1863 bis 1877 Privatdozent an der Berliner Universität; Nationalist und Antisemit; Feind des Marxismus – siehe auch Engels' Schrift »Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft« (»Anti-Dühring«, 1878).

Dupont, Eugène (um 1831-1881), frz. Instrumentenmacher; 1848 Teilnehmer am Juniaufstand in Paris; lebte seit 1862 in London, Mitglied des Generalrats der IAA (November 1864 bis 1872); korrespondierender Sekretär für Frankreich (1865-1871); 1865 Teilnehmer der Londoner Konferenz und 1866 des Genfer Kongresses, 1867 Vizepräsident des Lausanner Kongresses, 1868 Delegierter des Brüsseler Kongresses; Marxist; ging 1870 nach Manchester und gründete dort eine Sektion der IAA (1872/73), übersiedelte 1874 in die USA.

Duval, Émile-Victor (1841-1871), Gießer, Vertreter der frz. Arbeiterbewegung; Mitglied der IAA; Mitglied des Zentralkomitees der Nationalgarde der Kommune, wurde am 4. April 1871 von den Versaillern erschossen.

E

Ebert, Friedrich (1871-1925), SPD-Politiker; Parteivorsitzender (1913-1919); Vorsitzender der Reichstagsfraktion (1916-1918); im I. Weltkrieg ausdrücklicher Vertreter der Burgfriedenspolitik; 1918/19 als Vorsitzender des Rates der Volksbeauftragten gemeinsam mit Noske, der Reichswehr und den Gewerkschaften (Stinnes-Legien-Abkommen) Ersticker der dt. Revolution; Reichspräsident (1919-1925).

Eccarius, Johann Georg (1818-1889), Schneider aus Thüringen, Publizist, Emigrant in London, Mitglied des Bundes der Gerechten, danach des Bundes der Kommunisten; einer der Führer des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London; Mitglied des Generalrats der IAA (1864 bis Mai 1872), Generalsekretär des Rats (1867-1871), korrespondierender Sekretär für Amerika (1870-1872), Delegierter aller Kongresse und Konferenzen der IAA; schloss sich später den reformistischen Führern der engl. Trade-Unions an.

The Economist: engl. önomische Wochenschrift, erscheint seit 1843 in London als Organ der Großbourgeoisie.

Engels, Friedrich (1820-1895) – siehe Engels-Archiv.

Eudes, Émile (1843-1888), frz. Revolutionär, Blanquist; Mitglied und General der Pariser Kommune, Delegierter für das Kriegswesen, emigrierte nach der Niederschlagung der Kommune in die Schweiz, später nach England; in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Espartero, Baldomero, conde de Luchana, duque de la Vittoria (1793-1879), span. General und Staatsmann, Führer der Progressisten; Regent von Spanien (1841-1843); Ministerpräsident (1854-1856).

F

Favre, Claude-Gabriel-Jules (1809-1880), frz. Advokat und Politiker, einer der Führer der gemäßigten bürgerlichen Republikaner, 1848 Generalsekretär im Innenministerium, dann Vize-Außenminister; Deputierter der konstituierenden und der gesetzgebenden Nationalversammlung (1848-1851); Außenminister in der »Regierung der nationalen Verteidigung« und in der Regierung Thiers (1870/71), führte die Verhandlungen über die Kapitulation von Paris und den Friedensschluss mit Deutschland; Henker der Pariser Kommune.

Ferdinand II. (1810-1859), ab 1830 König von Sizilien und Neapel (beider Sizilien); erhielt nach seiner Beschießung Messinas im September 1848 den Beinamen »König Bomba«.

Feuerbach, Ludwig Andreas (1804-1872), bedeutender materialistischer Philosoph der vormarxistischen Periode, kämpferischer Atheist; Ideologe der radikalsten demokratischen Schichten der dt. Bourgeoisie vor 1848/49; seine materialistische Lehre gehört zu den wichtigen Elementen des dt. Kulturerbes; in seinen letzten Lebensjahren begann er, sich für die sozialistische Literatur zu interessieren und trat 1870 der Sozialdemokratischen Partei bei – Hauptwerk: »Das Wesen des Christentums« (1841).

Flourens, Gustave (1838-1871), frz. Naturforscher, Revolutionär, Blanquist, einer der Führer der Aufstände vom 31. Oktober 1870 und 22. Januar 1871 in Paris; Mitglied der Pariser Kommune, wurde im April 1871 von den Versaillern ermordet.

Fourier, Charles (1772-1837), frz. Sozialphilosoph und Ökonom; klassischer utopischer Sozialist; seine Sozialordnung sollte sich gründen auf »phalanstères« (agrarisch geprägte Wirtschaftsgenossenschaften), welche, eng gekoppelt an solidarisch organisierte Lebensgemeinschaften (»familistères«; je 300 an der Zahl), auf die Schaffung von Freiheit und Glück hinarbeiten sollten; gescheiterter praktischer Versuch um 1832.

Frankel, Leo (1844-1896), Goldschmied, bedeutender Vertreter der ungar. und internationalen Arbeiterbewegung; leitete die Kommission für Arbeit und Handel; Mitglied der Pariser Kommune, Mitglied des Generalrats der IAA (1871/72), 1871 Delegierter der Londoner Konferenz und 1872 des Haager Kongresses der IAA; Mitbegründer der Ungarischen Allgemeinen Arbeiterpartei; Mitkämpfer von Karl Marx und Friedrich Engels.

Friedrich II. (der Große) (1712-1786), König von Preußen (1740-1786).

G

Galliffet, Gaston-Alexandre-Auguste, marquis de (1830-1909), frz. General, im Deutsch-Französischen Krieg Kommandeur eines Kavallerieregiments, in Sedan gefangengenommen; aus der Gefangenschaft entlassen, um am Kampf gegen die Kommune teilzunehmen; befehligte eine Kavalleriebrigade der Versailler, Henker der Pariser Kommune.

Gambetta, Léon (1838-1882), frz. Staatsmann, bürgerlicher Republikaner, Mitglied der »Regierung der nationalen Verteidigung« (1870/71); Ministerpräsident und Außenminister.

Ganesco, Grégori (um 1830-1877), frz. Journalist, gebürtiger Rumäne, im II. Kaiserreich Bonapartist, dann Anhänger der Regierung Thiers.

Gens [die, Mz. »Gentes«; lat.]: im alten Rom Sippe, die erweiterte Familie gleicher Abkunft und gleichen Namens (z. B. die Gens Iulia, der Caesar entstammte); Gentilen sind die Angehörigen einer Gens (Gentilgemeinschaft).

Gibbon, Edward (1737-1794), brit. Historiker; sein Hauptwerk »The History of the Decline and Fall of the Roman Empire« (1776-1788) schildert den Niedergang des Römischen Reichs mit skeptischer Ablehnung der Rolle des Christentums.

Grimm, Robert (1881-1956), schweiz. sozialdemokratischer Politiker; ab 1907 Vertreter der Schweiz bei den Konferenzen der II. Internationale; ab 1912 Mitglied des Exekutivrats; Organisator der Konferenzen von Lugano (1914), Zimmerwald (1915) und Kienthal (1916); Leiter des Oltener Aktionskomitees und versuchter Generalstreik (November 1918); ab den 1930er Jahren zunehmend reformistische Politik; Präsident des Nationalrates (1946); Autor der »Geschichte der Schweiz in ihrem Klassenkämpfen« (1920).

Guiod, Alphonse-Simon (geb. 1805), frz. General; Teilnehmer am Deutsch-Französischen Krieg, Oberkommandant der Artillerie während der Belagerung von Paris 1870/71.

Guizot, François-Pierre-Guillaume (1787-1874), frz. Politiker und Historiker; trug durch publizistische Agitation zum Ausbruch der Revolution von 1830 bei; Bildungsminister (1832-1837), Außenminister (1840-1847) und führende Figur im Kabinett von Nicolas J. D. Soult: Guizot hielt an der Beschränkung des Wahlrechtes auf das Besitzbürgertum fest und riet den Armen, »reich zu werden«, wenn sie wählen wollten; Verbesserungen in der Sozialgesetzgebung lehnte er ab; 1847 Nachfolger Soults, im Januar 1848 verbot er oppositionelle politische Zusammenkünfte; dies sowie seine starre Haltung trugen entscheidend zur Februarrevolution in Paris bei; Exil in Belgien und England.

H

Harris, George, Vertreter der brit. Arbeiterbewegung, Anhänger der sozialreformerischen Ansichten des Chartisten James Bronterre O'Brien; Mitglied des Generalrats der IAA (1869-1872), Finanzsekretär des Rats (1870/71).

Heeckeren, Georges-Charles d'Anthès, baron de (1812-1895), frz. Politiker, Royalist; 1834-1837 Offizier in russ. Diensten, Mörder Alexander Sergejewitsch Puschkins; Senator des II. Kaiserreiches; einer der Organisatoren der konterrevolutionären Demonstration in Paris vom 22. März 1871.

Hoover, Herbert Clark (1874-1964), US-Politiker (Republikaner); Leiter des US-Kriegsernährungsprogramms (1917/18), Handelsminister unter Harding und Coolidge (1921-1928), Präsident (1929-1932): verschlief im Innern die Weltwirtschaftskrise, leitete im Äußeren die »Politik der guten Nachbarschaft« ein.

I

Independent Labour Party: engl. sozialistische Arbeiterpartei, 1893 gegründet; 1900/1906 größtenteils in der Labour Party aufgegangen.

Internationale: die internationale Organisation der Arbeiterklasse.

1. Internationale Arbeiterassoziation (IAA, »I. Internationale«): die am 28. September 1864 unter maßgeblicher Mitwirkung von Karl Marx (von ihm stammen Programm: »Inauguraladresse der IAA« und Satzung: »Vorläufige Statuten der IAA«) und Friedrich Engels in London gegründete »Vereinigung arbeitender Männer«; sie zerfiel infolge innerer Differenzen zwischen Marxisten und Anarchisten um Bakunin; letzter gemeinsamer Kongress 1872 in Den Haag, endgültig aufgelöst 1876.

2. Sozialistische Internationale (»II. Internationale«): gegründet 1889 in Paris, 1900 Errichtung eines Ständigen Internationalen Sozialistischen Büros in Brüssel; großen Einfluss hatte die dt. Sozialdemokratie; mit ihrem völligen Versagen beim Ausbruch des I. Weltkrieges wurde die Internationale praktisch bedeutungslos und zerfiel endgültig 1918 mit dem Austritt der Bolschewiki und der Gründung der Komintern; 1919/20 in der Schweiz Versuch der Reorganisation, 1923 Zusammenschluss mit der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien zur Sozialistischen Arbeiter-Internationale (SAI), Fortbestehen bis 1940; 1951 erfolgt eine »Neugründung« der II. Internationale in Frankfurt/Main als Sozialistische Internationale (SI) mit Sitz in London, Mitglieder sind z. B. SPD, SPÖ und New Labour.

3. Kommunistische Internationale (Komintern, »III. Internationale«): gegründet 1919 in Moskau mit dem Ziel der Weltrevolution nach bolschewistischem Vorbild; erster Präsident war Gregorij Sinowjew; mit Stalin verkam die Komintern immer mehr allein zum Mittel der Sicherung der Diktatur und des sowj. Einflusses im Ausland; mehrfache radikale Politikwechsel (»Volksfrontpolitik«); im Mai 1943 als Zugeständnis Stalins an die Alliierten aufgelöst und durch das Kommunistische Informationsbüro (Kominform) ersetzt, welches noch bis 1956 bestand.

4. Vierte Internationale heißt der 1938 gegründete Zusammenschluss der »trotzkistischen« Parteien, ursprünglich in Opposition zur Komintern; zerstritten und praktisch bedeutungslos – dt. Sektion: Partei für Soziale Gerechtigkeit (PSG).

Iskra [russ.: »Der Funke«]: die erste allrussische marxistische (illegale) Zeitung; 1900 von Lenin u. a. gegründet, spielte sie eine entscheidende Rolle beim Aufbau der marxistischen Partei spielte; die erste Ausgabe erschien im Dezember 1900 in Leipzig (München?), die folgenden Nummern wurden in München, London und Genf herausgegeben; der Redaktion gehörten zeitweise an: Lenin, G. W. Plechanow, J. O. Martow, P. B. Axelrod, L. D. Trotzki, A. N. Potressow und V. I. Sassulitsch; Lenin war bis zur Spaltung der SDAPR 1903 faktisch Chefredakteur und Leiter der »Iskra«.

J

Jaubert, Hippolyte-François, comte (1798-1874), frz. Politiker, Monarchist, Minister für öffentliche Arbeiten im Kabinett Thiers (1840), Deputierter der Nationalversammlung von 1871.

Jung, Hermann (1830-1901), Schweizer Uhrmacher, Emigrant in London; Mitglied des Generalrats der IAA und korrespondierender Sekretär für die Schweiz (November 1864-1872); Schatzmeister des Generalrats (1871/72); 1865 Vizepräsident der Londoner Konferenz, 1866 Präsident des Genfer, 1868 des Brüsseler, 1869 des Baseler Kongresses und 1871 der Londoner Konferenz der IAA; Mitglied des Britischen Föderalrats, bis zum Haager Kongress 1872 Marxist, schloss sich später den reformistischen Führern der Trade-Unions an.

die Jungen: eine als Reaktion auf die opportunistische Haltung einiger Mitglieder der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion nach der Abschaffung des Sozialistengesetzes (1890) entstandene linksopportunistische Gruppe innerhalb der Sozialdemokratischen Partei, deren Wortführer in der Hauptsache junge Literaten und Studenten waren; sie lehnten den parlamentarischen Kampf der Partei ab; Engels nannte sie Helden der revolutionären Phrase, die »intrigieren und klüngeln« und dadurch die Partei desorganisierten, auf dem Erfurter Parteitag 1891 wurden die Jungen aus der Partei ausgeschlossen.

K

Kameralistik (Kameralwissenschaften): eine Verwaltungs-, Finanz- und Wirtschaftslehre, die an den mittelalterlichen und später auch an den bürgerlichen Universitäten verschiedener europäischer Länder gelehrt wurde; die Kameralistik war ein »Mischmasch von Kenntnissen, deren Fegefeuer der hoffnungsvolle Kanididat deutscher Bürokratie zu bestehen hat« (Marx).

Der Kampf, theoretische Monatsschrift des Austromarxismus; erschienen 1907-1934 in Wien, 1934-1938 in Prag; Redakteure der Zeitschrift waren z. B. Otto Bauer, A. Braun, Karl Renner und Friedrich Adler.

Kautsky, Karl Johann (1854-1938), Theoretiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der II. Internationale; 1883 Gründer und bis 1917 leitender Redakteur des theoretischen Organs der Partei, »Die Neue Zeit«; zu Beginn seines Wirkens war Kautsky Marxist; bis in die 1890er Jahre trug er zur Verbreitung des Marxismus bei; in der Folgezeit wurde er zum Wortführer des Zentrismus; ab 1917 Mitglied der USPD; wurde zu einem Hauptvertreter des Revisionismus und zum erbitterten Gegner der Bolschewiki; 1938 Emigration nach Amsterdam – Werke: »Karl Marx' ökonomische Lehren« (1887); »Die Diktatur des Proletariats« (1918); »Die materialistische Geschichtsauffassung« (2 Bde. 1927).

Kerenski, Alexander Fjodorowitsch (1891-1970), russ. Politiker (Sozialrevolutionär); ab Juli (August) 1917 Ministerpräsident der Provisorischen Regierung (Nachfolger von Lwow), nach dem Kornilowputsch auch Oberbefehlshaber der Armee; mit der Oktoberrevolution gestürzt, Emigration nach Westeuropa, später in die USA.

Kolarow, Wassil (1877-1950), bulg. Arbeiterführer und Theoretiker; seit 1897 Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Bulgariens (SDAPB) und führender Funktionär der KP Bulgariens (ab 1919) und der Komintern (1921-1943); Parlamentsabgeordneter (1913-1923); Teilnehmer der Zimmerwalder Konferenz 1915; einer der Führer des bulg. Septemberaufstandes 1923; in der Emigration enge Zusammenarbeit mit G. Dimitroff im Auslandsbüro der KP; nach 1945 führender Staatsmann, u. a. Vize-Ministerpräsident und Außenminister (1947/48) und Ministerpräsident (1949/50).

Koltschak, Alexander Wassiljewitsch (1874-1920), russ. Admiral und Diktator; wurde während des I. Weltkrieges Konteradmiral und erhielt den Befehl über die baltische Flotte, 1917 Vizeadmiral und Kommandant der Schwarzmeerflotte; nach der Oktoberrevolution organisierte er in Sibirien eine antibolschewistische Armee, ernannte sich zum Reichsverweser und errichtete in Ostrussland eine Diktatur (mit Omsk als Hauptstadt); im November 1919 von der Roten Armee geschlagen: Flucht nach Irkutsk, wo ihn ein Komitee von Gegnern seiner Diktatur (keine Bolschewiki) zum Tode verurteilte.

Komintern – siehe Internationale.

Kommunismus: die höhere Phase der sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsformation, in der es keine Klassen und Klassenunterschiede gibt, sämtliche Produktionsmittel Volkseigentum sind, das Niveau der Produktivkräfte einen Überfluss an Produkten sichert und das Leitprinzip des gesellschaftlichen Lebens ist: »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen« – vgl. Sozialismus.

Kommunistische Partei Deutschlands (KPD): die 1918/19 aus dem Spartakusbund und der Gruppe Internationaler Kommunisten Deutschlands (»Bremer Linksradikale«) entstandene Partei; Programm im wesentlichen entworfen von Rosa Luxemburg und auf dem Gründungsparteitag vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919 angenommen; Ziel war die Errichtung der Räterepublik in Deutschland, Presseorgan die »Rote Fahne«; mit der Ermordung von Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 verlor die Partei ihre bedeutendsten Theoretiker und Führer; 1920-1924 opportunistische Politik, dann setzte sich der linke Flügel unter Ernst Thälmann durch, der 1925 Vorsitzender wurde und die KPD zur streng auf Komintern-Linie liegenden Kaderpartei umbaute; 1935 in der Illegalität Aufgabe der Doktrin vom »Sozialfaschismus« und Volksfrontpolitik mit der SPD; 1945 Neugründung in allen vier Besatzungszonen; in der SBZ 1946 Vereinigung mit der SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED); in der BRD 1956 verboten.

Kommunistische Partei Russlands (KPR) – siehe Bolschewiki.

Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) – siehe Bolschewiki.

Konservative Partei (seit 1912 offiziell Conservative and Unionist Party): nach der Parlamentsreform von 1832 aus den rechten Tories als Partei der Großfarmer entstanden; nach Abspaltung ihrer Freihandelsfraktion (Peel, 1846) Reorganisation unter Disraeli, neue Blüte in der Übergangsperiode zum Monopolkapitalismus; die Partei vertrat nun das Großbürgertum und bemühte sich um die Klein- und Mittelbourgeoisie; Stärkung durch den Übertritt liberaler Oppositionsgruppen (besonders der liberalen Unionisten seit 1886, die 1912 mit der Partei verschmolzen); nach 1918 Hauptvertreterin der imperialistischen Bourgeoisie.

Kriwitzki, Walter (al. Samuel Ginsberg) (1899-1941); entstammte einer jüdischen Familie in der Westukraine und schloss sich 1917 der bolschewistischen Bewegung an; er übernahm im Bürgerkrieg Geheimaufträge für die Rote Armee und wurde ein wichtiger Mitarbeiter des sowj. Auslands-Geheimdienstes; trotz seiner Bedenken arbeitete er unter Stalin weiter; nach den Moskauer Schauprozessen und nachdem der sowj. Geheimdienstler Ignaz Reiss (»Ludwig«) sich 1937 öffentlich zu Trotzki bekannt hatte und deswegen von GPU-Agenten ermordet worden war, gab Kriwitzki öffentliche Erklärungen über die Hintergründe der »Säuberungen« in der Sowjetunion und den stalinistischen Terror in Spanien ab; Anfang 1938 ging er in die USA, wo er eine Reihe von Enthüllungsartikeln schrieb; am 10. Februar 1941 wurde er in einem Hotel in Washington tot aufgefunden; als Todesursache gab die Polizei »Selbstmord« an.

Kuomintang (KMT) [chin.: »Nationale Volkspartei]: während der chin. Revolution 1911 unter Leitung von Sun Yatsen gegründet; antifeudalistisches, später auch anti-imperialistisches Programm (»Drei Volksprinzipien«); nach dem I. Weltkrieg Anerkennung der Kuomintang-Regierung in Südchina durch Sowjet-Russland; 1923-1927 Bündnis mit der KP Chinas; seit 1925 unter Chiang Kai-shek, begann die KMT den Kampf gegen die KP und einte China unter ihrer Knute; 1945-1949 erneut Bürgerkrieg, die Kuomintang-Clique musste sich nach Taiwan (Formosa) zurückziehen, wo sie sich bis heute an der Macht hält (Tod Chiangs 1975).

Kuusinen, Otto Wilgelmowitsch (1881-1964), finn.-sowj. Journalist und Politiker, Begründer der Kommunistischen Partei Finnlands; 1904 Beitritt zur Sozialdemokratischen Partei Finnlands; in der Revolution von 1905 Organisator der finn. Roten Garden; Mitglied des finn. Reichstags (1908-1917); Mitglied der Revolutionsregierung (Januar-Mai 1918), dann Flucht nach Moskau, dort Teilnahme an der Gründung der finn. KP; Sekretär des Exekutivkomitees der Komintern (1921-1939); Vorsitzender des Obersten Sowjets der Karelo-Finnischen Sowjetrepublik (1940-1956); Mitglied des Präsidiums der KPdSU (1957-1964).

L

Labour Party: reformistisch-sozialistische brit. Partei, 1906 entstanden aus einem 1900 geschlossenen Wahlbündnis (Labour Representation Committee, LRC) von Teilen der Independent Labour Party, vieler Gewerkschaften und Gesellschaften (u. a. Fabian Society), erster Parteisekretär: Ramsay McDonald, 1917 Anschluss der Genossenschaftspartei, seit 1918 Einzelmitgliedschaft möglich; die Partei stand seit ihrer Gründung unter dem Einfluss von Reformisten, seit den 1920er Jahren Entwicklung zur Massenpartei ohne ausgeprägtes sozialistisches Profil.

Lafargue, Paul (1842-1911), frz. Sozialist, Propagandist des Marxismus, Mitglied des Generalrats der IAA; Mitbegründer der frz. Arbeiterpartei (1879); Delegierter der Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongresse von 1889 und 1891; Schüler und Kampfgefährte von Marx und Engels; verheiratet mit Marx' Tochter Laura.

Laffitte, Jacques (1767-1844), frz. Bankier und Politiker, Orleanist, Vertreter der Finanzbourgeoisie, Regierungschef 1830/31.

Lamartine, Alphonse-Marie-Louis de (1790-1869), frz. Dichter (Romantik), Historiker und Politiker; in den 1840er Jahren einer der Führer der gemäßigten Republikaner; 1848 Außenminister und eigentliches Haupt der Provisorischen Regierung, Deputierter der konstituierenden Nationalversammlung und Mitglied der Exekutivkommission.

Lassalle, Ferdinand (1825-1864), Mitbegründer der dt. Sozialdemokratie; Verfasser eines sozialistischen Programms für den Leipziger Arbeiterkongress, 1863 von diesem zum Präsidenten des neukonstituierten Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) gewählt; Forderung nach »Produktivassoziationen« mit staatlicher Unterstützung, Anerkennung des Staates als Institution, Wahlen als Weg zur Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse: »Das System der erworbenen Rechte« (1861).

Lecomte, Claude-Martin (1817-1871), frz. General; befehligte im Deutsch-Französischen Krieg eine Brigade, wurde am 18. März 1871 nach dem missglückten Versuch der Regierung Thiers, die Nationalgarde zu entwaffnen, von aufständischen Soldaten erschossen.

Ledebour, Georg (1850-1947), sozialdemokratischer dt. Politiker; seit 1892 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei; Reichstagsabgeordneter (ab 1900); 1915 Teilnehmer der Zimmerwalder Konferenz; schloss sich 1917 der USPD an und war 1919 Teilnahmer des Spartakus-Aufstands; 1920-1924 Abgeordneter für die USPD; 1933 Emigration in die Schweiz.

Ledru-Rollin, Alexandre-Auguste (1807-1874), frz. Publizist und Politiker, einer der Führer der kleinbürgerlichen Demokraten; Redakteur der Zeitung »La Réforme«; 1848 Innenminister der Provisorischen Regierung und Mitglied der Exekutivkommission; Deputierter der konstituierenden und der gesetzgebenden Nationalversammlung, stand an der Spitze der Bergpartei (Montagne); nach der Demonstration vom 13. Juni 1849 emigrierte er nach England.

Le Flô, Adolphe-Emmanuel-Charles (1804-1887), frz. General, Politiker und Diplomat, Monarchist; während der II. Republik Deputierter der konstituierenden und der gesetzgebenden Nationalversammlung; Kriegsminister der »Regierung der nationalen Verteidigung« und der Regierung Thiers (1870/71), Deputierter der Nationalversammlung von 1871; Botschafter in Petersburg (1848/49 und 1871-1879).

Lenin, Wladimir Iljitsch (1870-1924) – siehe Lenin-Archiv.

Leßner, Friedrich (1825-1910), Schneidergeselle, Vertreter der dt. und internationalen Arbeiterbewegung, Mitglied des Bundes der Kommunisten, Teilnehmer der Revolution von 1848/49; 1852 im Kölner Kommunistenprozess zu drei Jahren Festungshaft verurteilt, seit 1856 Emigrant in London; Mtglied des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London und des Generalrats der IAA (November 1864-1872); 1865 und 1871 Teilnehmer der Londoner Konferenzen, 1867 der Lausanner, 1868 der Brüsseler, 1869 der Baseler und 1872 des Haager Kongresses der IAA; Mitglied des Britischen Föderalrats; Marxist, später einer der Begründer der Independent Labour Party in England; Freund und Kampfgefährte von Karl Marx und Friedrich Engels.

Liberale Partei (Liberal Party): nach der brit. Parlamentsreform von 1832 aus neuen Whigs und linken Tories als Partei der Handels- und Industriebourgeoisie entstanden, maßgebliche politische Partei des Kapitalismus der freien Konkurrenz; beim Übergang zum Monopolkapitalismus traten die Industriellen als Fürsprecher des Schutzzolls und der Union mit Irland (Unionisten) zu den Konservativen über (1886); die Liberalen wurden aufgrund der Ausdehnung des Wahlrechts zur Partei der bürgerlichen Mittelschichten und der Arbeiteraristokratie und bekannten sich zum Imperialismus; nach 1918 Verlust der Klassenbasis (Übergang der Kleinbürger zur Labour Party), mehrfache Spaltung und Rückgang des Einflusses.

Liebknecht, Karl (1871-1919), Sohn von Wilhelm, Rechtsanwalt und Führer der dt. Arbeiterbewegung; seit 1908 für die SPD Mitglied im Preußischen Landtag, seit 1912 im Reichstag; stimmte im Dezember 1914 als erster und zunächst einziger Abgeordneter gegen die Kriegskredite der Regierung: 1916 Auschluss aus der SPD-Fraktion, mit Rosa Luxemburg u. a. Gründung der Gruppe Internationale (1915) und der Spartakusgruppe (1916); eine Kundgebung am 1. Mai 1916 brachte ihm eine Verurteilung zu vier Jahren Zuchthaus ein, er wurde im Oktober 1918 begnadigt; am 9. November 1918 seine Proklamation der »freien sozialistischen Republik Deutschland«; Jahreswende 1918/19 Gründungsparteitag der KPD; nach der Spartakuswoche zusammen mit Luxemburg ermordet (15. Januar 1919).

Liebknecht, Wilhelm (1826-1900), einer der bedeutendsten Führer der dt. Sozialdemokratie; Teilnehmer der Revolution von 1848/49; Emigration nach England, wo er zum Freund und Kampfgefährten von Marx und Engels wurde; 1862 Rückkehr nach Deutschland; als Mitglied der IAA Marxist; 1869 Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei; Verantwortlicher Redakteur des »Vorwärts«, Mitglied des Norddeutschen Reichstags (1867-1870) und des Deutschen Reichstags (1874-1900); trat während des Deutsch-Französischen Krieges gegen die preußischen Annexionspläne und für die Verteidigung der Kommune von Paris ein; entschiedener Gegner des preuß. Militarismus.

Listok »Rabotschewo Dela« [russ.: »Blatt der ›Arbeitersache‹«]: eine nichtperiodische Beilage zu der Zeitschrift »Rabotscheje Delo«, in Genf herausgegeben von Juni 1900 bis Juli 1901 in insgesamt acht Nummern.

Lloyd George, David, 1st Earl of Dwyfor (1863-1945), brit. Politiker (Liberale Partei); als Handels- (1905-1908) und Finanzminister (1908-1915) Initiator zahlreicher sozialer und politischer Reformen; Munitionsminister (1915), Kriegsminister (1916); Premier (1916-1922); setzte im I. Weltkrieg ein vereintes alliiertes Oberkommando unter Foch durch; Teilnahme an den Verhandlungen zum Versailler Vertrag; trat 1922 auf konservativen Druck hin (irische Autonomie, Parteinahme für Türkei gegen Griechenland) zurück.

Luxemburg, Rosa (1870-1919) – siehe Luxemburg-Archiv.

Lwow, Georgij Jewgenjewitsch Fürst (1861-1925), russ. Politiker; seit 1905 führend in der Reichsduma als Abgeordneter der Kadetten; Ministerpräsident der Provisorischen Regierung von März bis Juli 1917.

M

Mac-Mahon, Marie-Edme-Patrice-Maurice, comte de, duc de Magenta (1808-1893), frz. reaktionärer Militär und Politiker, seit 1859 Marschall von Frankreich, Bonapartist; befehligte im Deutsch-Französischen Krieg das I. Korps, dann die Châlons-Armee, wurde in Sedan gefangengenommen; Oberbefehlshaber der Versailler Armee, Henker der Pariser Kommune; Präsident der III. Republik (1873-1879).

Marx, Karl (1818-1883) – siehe Marx-Archiv.

Mehring, Franz (1846-1919), Publizist und Führer der dt. Sozialdemokratie; seit 1891 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, wurde er Chefredakteur der »Leipziger Volkszeitung«, 1916 trat er dem Spartakusbund bei und war Abgeordneter der USPD; vor dem I. Weltkrieg war Mehring der führende marxistische Historiker der dt. Arbeiterbewegung, verfocht eine revolutionäre Klassenpolitik und propagierte den Kampf gegen Militarismus und imperialistischen Krieg – Werke: »Geschichte der Deutschen Sozialdemokratie« (2 Bde. 1897/98); »Karl Marx. Geschichte seines Lebens« (1918).

Menschewiki (»Menschewisten«) [russ.: »Minderheitler«]: die gemäßigte Minderheit bei der Spaltung der SDAPR 1903, im Gegensatz zu den von Lenin geführten radikalen Fraktion der Bolschewiki; sie spielten in den Arbeiterräten der Revolutionen von 1905 und 1917 eine wichtige Rolle. Hauptvertreter: Pawel B. Axelrod, Jakob O. Martow, Georgij W. Plechanow.

Millerand, Alexandre Étienne (1859-1943), frz. Jurist und Politiker; ab 1885 sozialistischer Abgeordneter der Nationalversammlung; nach seinem Amt als Handelsminister im bürgerlichen Kabinett 1899-1902 Parteiausschluss; als Minister für öffentliche Arbeiten unter Briand (1909/10) setzte er die Armee gegen streikende Eisenbahner ein; Kriegsminister (1912-1915); Generalkommissar für Elsass-Lothringen (1919/20); Januar-September 1920 Premier, dann bis 1924 Staatspräsident (Nachfolger Clemenceaus).

Millière, Jean-Baptiste (1817-1871), frz. Journalist, linker Proudhonist; Deputierter der Nationalversammlung von 1871; kritisierte die Regierung Thiers und verteidigte die Pariser Kommune, wurde im Mai 1871 von den Versaillern erschossen.

Milner, George, Vertreter der brit. Arbeiterbewegung, irischer Nationalität; Anhänger der sozialreformerischen Ansichten des Chartisten James Bronterre O'Brien, Mitglied der Nationalen Reformliga, der Land and Labour League, und des Generalrats der IAA (1868-1872); 1871 Delegierter der Londoner Konferenz, seit Herbst 1872 Mitglied des Britischen Föderalrats.

Most, Johann (John) (1846-1906), dt. Politiker und Publizist; für die Sozialdemokratischen Partei 1874-1878 Mitglied des Reichstags, später Anarchist: 1880 auf dem Wydener Parteitag wegen seiner parteifeindlichen Haltung ausgeschlossen; 1879-1906 Herausgeber der anarchistischen Zeitung »Freiheit« (zunächst in London, ab 1882 in New York).

Montesquieu, Charles de Secondat, baron de La Brède et de (1689-1755), frz. Soziologe, Ökonom und Schriftsteller, Vertreter der bürgerlichen Aufklärung des 18. Jahrhunderts, Theoretiker der konstitutionellen Monarchie und der Gewaltenteilung.

Mottershead, Thomas, engl. Weber; Mitglied des Generalrats der IAA (1869-1872); Delegierter der Londoner Konferenz und 1872 des Haager Kongresses; trat im Generalrat im im Britischen Föderalrat mit reformistischen Ansichten gegen Marx auf.

Murray, Charles, engl. Schumacher, ein Führer der engl. Trade-Unions; Teilnehmer der Chartistenbewegung; Mitglied des Generalrats der IAA (1870-1872) und des Britischen Föderalrats (1872/73); Anhänger von Marx und Engels, in den 1880er Jahren Anhänger der von Hyndman gegründeten Sozialdemokratischen Föderation.

N

Napoleon I. Bonaparte (1769-1821), Kaiser der Franzosen (1804-14 und 1815).

Napoleon III. Louis Bonaparte (1808-1873), Neffe Napoleons I., Präsident der II. Republik, Kaiser der Franzosen (1852-1870).

Narodniki (»Volkstümler«): revolutionäre Bewegung in Russland seit 1860; ignorierten die Notwendigkeit der Entwicklung des Kapitalismus in Russland zur Durchführung einer proletarischen Revolution und propagierten die altrussische Dorfgemeinschaft (»Mir« – siehe Obschtschina), die sie als Form des Urkommunismus interpretierten; Hauptvertreter waren Lawrow, Tkatschow und Bakunin; wegen mangelnder Resonanz unter den Bauern und der zaristischen Verfolgung 1876-1879 Rückzug in den Untergrund – siehe auch Semlja i Wolja.

Neue Rheinische Zeitung

1. Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie: Tageszeitung, herausgegeben unter Redaktion von Karl Marx; erschienen vom 1. Juni 1848 bis 19. Mai 1849; zur Redaktion gehörten: Friedrich Engels, Wilhelm Wolff, Georg Weerth, Ferdinand Wolff, Ernst Dronke, Ferdinand Freiligrath und Heinrich Bürgers; als Marx im Mai 1849 aus Preußen ausgewiesen wurde und aufgrund weiterer Repressalien von Seiten der preuß. Regierung, musste das Blatt sein Erscheinen einstellen

2. Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue: von Marx und Engels im Dezember 1849 gegründete und bis November 1850 herausgegebene Zeitschrift; das theoretische und politische Organ des Bundes der Kommunisten; weitere Mitarbeiter waren u. a. Wilhelm Wolff, Weydemeyer und J. G. Eccarius; insgesamt sechs Hefte ab März 1859; in London redigiert und in Hamburg gedruckt, auf dem Titelblatt war auch New York angegeben, weil mit der Verbreitung unter dt. Emigranten in Amerika gerechnet wurde; in der Zeitschrift wurden u. a. veröffentlicht: »Die Klassenkämpfe in Frankreich« von Marx, »Die deutsche Reichsverfassungskampagnie« und »Der deutsche Bauernkrieg«; wegen der polizeilichen Repressalien in Deutschland und fehlenden finanziellen Mitteln wurde das Erscheinen eingestellt.

Die Neue Zeit: theoretische Zeitschrift der dt. Sozialdemokratie, erschienen 1883-1923 in Leipzig; Herausgeber war 1883-1917 Karl Kautsky, danach Heinrich Cunow; Friedrich Engels schrieb in der Zeit von 1885-1894 eine Reihe von Artikel für die »Neue Zeit«, nach dessen Tod wurden auch Artikel von Vertretern des Revisionismus veröffentlicht.

New-York Daily Tribune: amerik. Zeitung, erschienen 1841-1924, gegründet von dem bekannten amerik. Journalisten und Politiker Horace Greeley, bis Mitte der 1850er Jahre Organ des linken Flügels der Whigs, danach Organ der Republikanischen Partei; in den 1840/50ern trat sie gegen die Sklaverei auf; Marx' Mitarbeit an der Zeitung begann im August 1851 und dauerte bis 1862, viele Artikel schrieb Engels auf Anbitte von Marx; die Redaktion nahm in einigen Fällen willkürliche Änderungen am Text der Artikel vor oder veröffentlichte sie als redaktionelle Leitartikel; die Zusammenarbeit von Marx und »Daily Tribune« endete endgültig 1862 während des Bürgerkrieges, als die Zeitung zunehmend für einen Kompromiss mit den Südstaaten eintrat und ihre fortschrittlichen Positionen aufgab.

Nominalismus: eine Richtung der mittelalterlichen Philosophie, nach der die allgemeinen Begriffe nur einfache Namen (lat. nomina) sind, die die Menschen den real existierenden Einzelerscheinungen beliegen; indem die Nominalisten die Begriffe als Produkte des menschlichen Denkens auffassten und die Ansichten der »Realisten« des Mittelalters bestritten, die behaupteten, die allgemeinen Begriffe existieren real als Urbilder und geistige Quellen der Dinge, erklärten sie den Gegenstand als primär und den Begriff als sekundär; in dieser Hinsicht war der Nominalismus der erste Ausdruck des Materialismus im Mittelalter.

Norddeutsche Allgemeine Zeitung: Berliner Tageszeitung, erschienen 1861-1918; in den 1860er-80er Jahren offizielles Organ der Regierung Bismarck.

The Northern Star: engl. Wochenzeitung, Zentralorgan der Chartisten; erschienen 1837-1852, erst in Leeds, ab November 1844 in London; Begründer und Redakteur der Zeitung war Feargus Edward O'Connor; in den 1840er Jahren wurde sie von George Julian Harney redigiert; von September 1845 bis März 1848 war Friedrich Engels Mitarbeiter der Zeitung.

Noske, Gustav (1868-1946), rechter Sozialdemokrat; Mitglied des Reichstags (1916-1918); Mitglied des Rates der Volksbeauftragten (1918/19); Reichswehrminister (1919/20); ließ 1918 den Kieler Matrosenaufstand niederschlagen, förderte danach die Bildung von Freikorps und setzte sie gegen revolutionäre Arbeiter ein: Unterdrücker des Spartakus-Aufstandes in Berlin und der Münchener Räterepublik, verantwortlich für die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts; nach seinem Versagen beim Kapp-Putsch 1920 Rücktritt als Reichswehrminister; »Bluthund der Revolution«.

O

Obschtschina [russ.: »Gemeindebesitz«, »Allod«]: eine Form des gemeinschaftlichen bäuerlichen Landbesitzes, die sich im 18. und 19. Jahrhundert in Großrussland verbreitete; die Bauerngemeinde (»Mir«) verteilte dieses Land im regelmäßigen Abstand von mehreren Jahren neu, je nach Größe und Leistungsfähigkeit der Mitgliederfamilien.

Ökonomismus: eine opportunistische Strömung in der russ. Sozialdemokratie um die Jahrhundertwende 19/20; die Presseorgane der Ökonomisten waren die Zeitung »Rabotschaja Mysl« (1897-1902) in Russland und die Zeitschrift »Rabotscheje Delo« (1899-1902) im Ausland; die Ökonomisten beschränkten die Aufgaben der Arbeiterklasse auf den ökonomischen Kampf für Lohnerhöhung, für bessere Arbeitsbedingungen usw., wobei sie behaupteten, der politische Kampf sei Sache der liberalen Bourgeoisie: sie vertraten die Ansicht, dass die Partei lediglich den spontanen Prozess der Bewegung zu verfolgen habe und Registrator der Geschehnisse bleiben müsse.

Oswoboschdenije truda – siehe Befreiung der Arbeit.

Owen, Robert (1771-1858), brit. Sozialreformer und Utopist; bemühte sich um eine Reform der bri. Fabrikgesetzgebung und der Armenpflege; eigene Versuche der Verwirklichung seiner Ideen (»A New View of Society«, 4 Bde. 1813/14) in der Unternehmung »New Lanark« in Schottland und der Kolonie »New Harmonie« in Indiana.

P

Pauperismus [lat.: pauper = »arm«]: Mitte des 19. Jahrhunderts entstandene Bezeichnung für die Massenarmut, die in Europa vor und zu Beginn der Industrialisierung auftrat; durch die Auflösung von traditionellen Bindungen und Rechten der vorindustriellen Gesellschaft, wie z. B. von Zünften, verlor ein großer Teil der ständig anwachsenden Bevölkerung jegliche soziale und ökonomische Absicherung und war gezwungen, von der Unterstützung durch Wohltätigkeitsorganisationen oder von Bettelei zu leben.

Bei Marx bezeichnet Pauperismus die in Folge kapitalistischer Ausbeutung entstandene Massenarmut: die der kapitalistischen Produktionsweise innewohnende Tendenz zu einer ständigen Rationalisierung der Produktion führt zur Arbeitslosigkeit von immer mehr Arbeitern und damit zur Herausbildung einer industriellen Reservearmee, die zunehmend verelendet.

Pène, Henri de (1830-1888), frz. Journalist, Monarchist; einer der Organisatoren der konterrevolutionären Demonstration in Paris vom 22. März 1871.

Pfänder, Karl (um 1818-1876), dt. Miniaturenmaler, seit 1845 Emigrant in London; Mitglied des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London, der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten und des Generalrats der IAA (November 1864-1867 und 1870-1872), Freund und Kampfgefährte von Marx und Engels.

Philon von Alexandria (20 v. bis 50 n. u. Z.), jüdisch-hellenistischer Philosoph; vereinte die griechische Philosophie, insbesondere platonische und pythagoreische Ideen, mit der judäischen Religion zu einem umfassenden System, das den Neuplatonismus sowie den jüdischen, christlichen und islamischen Mystizismus vorwegnahm; Philon vertrat die Idee vom transzendentalen Wesen Gottes, welches das menschliche Verständnis übersteige und daher unbeschreibbar sei; er stellte die natürliche Welt als eine Reihe absteigender Stadien von Gott dar und war Anhänger der Theokratie.

Piétri, Joseph-Marie (1820-1902), frz. Politiker, Bonapartist, Polizeipräfekt von Paris (1866-1870).

Plechanow, Georgij Walentinowitsch (1856-1918), russ. Philosoph, Politiker und Publizist; Mitglied der Narodniki, ab 1879 Führer der Tschorny Peredjel; 1883 Gründer der Gruppe Befreiung der Arbeit in Genf; in den 1880er Jahren hervorragender Propagandist und Pionier des Marxismus in Russland; beteiligt an der Gründung der II. Internationale (1889); Redakteur der »Iskra«; nach dem II. Parteitag der SDAPR 1903 wurde er Menschewik; 1917 Rückkehr nach Russland.

Poincaré, Raymond (1860-1934), frz. Politiker, Revanchist in Bezug auf 1870/71; Ministerpräsident und Außenminister (1912), Präsident (1913-1920), Ministerpräsident (1922-1924 und 1926-1929); ließ 1923 nach ausbleibenden Reparationszahlungen das Ruhrgebiet besetzen (Ruhrkampf).

Pouyer-Quertier, Augustin-Thomas (1820-1891), frz. Baumwollfabrikant und Politiker, Protektionist; Finanzminister (1871/72), nahm 1871 an den Friedensverhandlungen mit Deutschland in Frankfurt teil.

Possibilismus: eine opportunistische Strömung innerhalb der frz. Arbeiterbewegung, die nach der Spaltung der frz. Arbeiterpartei 1882 entstand; die Führer dieser Strömung (Brousse, Malon, u. a.) verkündeteten das reformistische Prinzip des Strebens nach dem Möglichen (frz. possible).

Prawda: [russ.: »Die Wahrheit«]

1. von Leo Trotzki 1908-1912 in Wien herausgegebene russ. sozialdemokratische Zeitung, geschrieben »für einfache Arbeiter«; Trotzki hatte die Zeitung von einer unbedeutenden ukrain. Menschewistengruppe übernommen, unter seiner Redaktion wurde die »Prawda« schnell populär, wenn auch z. B. im ganzen Jahr 1909 nur fünf Nummern erschienen; problematisch waren Finanzierung und das Hereinschmuggeln nach Russland, zumal Trotzki keine Beihilfen von Lenin erhielt und letzterer 1912 ein gleichnamiges Blatt gründen ließ.

2. russ. bolschewistische Zeitung, ab 1912 unter Redaktion von Stalin in Petersburg erschienen; als Trotzki sich wegen des gestohlenen Namens in Form eines Leserbriefs beschwerte, wurde ihm auf Anraten Lenins im Blatt entgegnet: »An Trotzki in Wien: Wir werden Ihren nörglerischen Advokatenbrief unbeantwortet lassen.«; 1917 Neugründung und Herausgabe in Moskau als Organ des ZK der KPdSU; 1991 verboten, danach mehrere Neugründungen.

Prosweschtschenije [russ.: »Die Aufklärung«]: theoretisches Organ der Bolschewiki, ab Dezember 1911 monatlich legal in Petersburg erschienen; die Zeitschrift trat an die Stelle der von der zaristischen Regierung verbotenen Moskauer bolschewistischen Zeitschrift »Mysl« [»Der Gedanke«], Lenin leitete die Zeitschrift vom Ausland her; sie veröffentlichte u. a. seine Arbeiten: »Prinzipielle Fragen der Wahlkampagne«, »Kritische Bemerkungen zur nationalen Frage«, »Über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen«; den Teil Kunst und Literatur redigierte Maxim Gorki; die Auflage der Zeitschrift betrug mehrere Tausend Exemplare; im Juni 1914 von der zaristischen Regierung verboten; im Herbst 1917 wurde sie erneut herausgegeben, es erschien eine Doppelnummer mit den Arbeiten Lenins: »Werden die Bolschewiki die Staatsmacht behaupten?« und »Zur Revision des Parteiprogramms«.

Proudhon, Pierre-Joseph (1809-1865), frz. Publizist, Ökonom und Politiker, Theoretiker des Anarchismus; 1848 Deputierter der konstituierenden Nationalversammlung in Frankreich; bekämpfte das Eigentum, soweit es der sozialen Unterdrückung diente (»Qu'est-ce que la propriété«, 1840); kritisierte das Konkurrenzsystem, strebte eine auf dem Wege der Reform erreichte Gesellschaft selbständiger kleiner Warenproduzenten an ; in der IAA waren sich Proudhon und Marx bald spinnefeind – siehe auch Marx' Schrift »Das Elend der Philosophie« als Antwort auf Proudhons »Philosophie des Elends« (»Système des contradictions économiques, ou Philosophie de la misère«,1846).

R

Rabotscheje Delo [russ.: »Arbeitersache«]: Organ des Auslandsbundes russischer Sozialdemokraten; erschienen in Genf vom April 1899 bis Februar 1902 in insgesamt 12 Ausgaben; die Redaktion der »Rabotscheje Delo« war das Auslandszentrum der Ökonomisten (»Rabotschedelzen«); Rabotscheje Delo opponierte gegen den Plan der »Iskra« zur Schaffung der Partei und rief zur trade-unionistischen Politik auf; d. h. sie negierte die revolutionären Möglichkeiten der Bauernschaft, usw.

Rabotschaja Mysl [russ.: »Arbeitergedanke«]: russ. Zeitung, Organ der Ökonomisten; erschien 16 Nummern lang ab Oktober 1897.

Radek, Karl Bernhardowitsch (eigtl. Sobelsohn) (1885-1939), poln.-dt. Journalist und Politiker; schloss sich zunächst der poln., dann der dt. Sozialdemokratie an; nach Kriegsausbruch ging er in die Schweiz und traf dort Lenin, fuhr im April 1917 mit ihm nach Petersburg, trat in der Revolution den Bolschewiki bei und gehörte zur russ. Delegation in Brest-Litowsk; 1918 Beteiligung an der Novemberrevolution in Deutschland, 1919 inhaftiert und in Abwesenheit ins Zentralkomitee der KPR gewählt; Mitglied des Präsidiums des Exekutivkomitees der Komintern (1920); als Freund Trotzkis 1924 aller Ämter enthoben und 1927-1931 aus der Partei ausgeschlossen; dann bis 1936 Journalist; bei den stalinistischen »Säuberungen« verhaftet, 1937 zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Rasnotschinzen: verschiedenen Schichten entstammende Gruppe russ. Revolutionäre der 1860/70er Jahre; bekämpften die zaristische Autokratie und die Leibeigenschaft; bedeutende Vertreter: Belinski, Tschernyschewski, Dobroljubow und die Volkstümler der 1870er Jahre.

La Réforme: frz. Tageszeitung, erschienen 1843-1850 in Paris; Organ der Anhänger von Ledru-Rollin, später auch derer von Louis Blanc.

Reformismus: opportunistische Strömung in der Arbeiterbewegung, die lediglich Reformen im Rahmen des Kapitalismus anstrebt, ohne den politischen Kampf um die Errichtung der sozialistischen Staatsmacht zu führen; obwohl die Arbeiterbewegung unter reformistischer Führung bedeutende Verbesserungen erreichen konnte, führt der Reformismus zur Unterordnung der Arbeiterklasse unter die bürgerliche Politik und Ideologie – vgl. Trade-Unionismus, Possibilismus, Ökonomismus, Revisionismus, Austromarxismus, und die internationale Sozialdemokratie seit 1914.

Republikanische Partei (Republican Party): eine der beiden Hauptparteien des US-Systems, 1854 im Kampf gegen die Ausdehnung der Sklaverei gegründet; nach dem Bürgerkrieg 1861/1865 wurde sie zur Partei der Industriebourgeoisie und vollzog am schnellsten den Übergang zur Politik des Monopolkapitalismus; 1911 und 1924/26 vorübergehende Abspaltung der Fortschrittlichen Partei (Progressive Party).

Revisionismus: rechtsopportunistische Strömung in der internationalen Arbeiterbewegung während der Epoche des Imperialismus; er erklärte den Marxismus für veraltet und ersetzte ihn, oft unter Beibehaltung seines Namens, durch die ideologische Rechtfertigung des Opportunismus in der Sozialdemokratie um die Jahrhundertwende 19/20: er verneinte die Lehre vom Klassenkampf, der proletarischen Revolution und der Dikatur des Proletariats und stellte ihr die These entgegen, man könne durch Reformen im Rahmen der bestehenden bürgerlichen Gesellschaft friedlich in den Sozialismus hineinwachsen; Hauptvertreter: Eduard Bernstein und Karl Kautsky.

Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe, Tageszeitung, erschienen vom 1. Januar 1842 bis 31. März 1843 in Köln; gegründet von republikanischen Mitgliedern der rheinischen Bourgeoisie; ab April 1842 war Karl Marx Mitarbeiter und ab Oktober Chefredakteur; die Zeitung veröffentlichte auch einige Arbeiten von Friedrich Engels; am 19. Januar 1843 war die Zeitung der preuß. Regierung zu radikal geworden, sie erließ eine Verordnung, die die »Rheinische Zeitung« zum 1. April 1843 verbot und bis dahin eine besonders strenge Zensur über sie verhängte.

Ricardo, David (1772-1823), engl. Ökonom; sein Werk bildet den Höhepunkt der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie – »On the Principles of Political Economy, and Taxation« (1821).

Roach, John, Vertreter der engl. Arbeiterbewegung, Mitglied des Generalrats der IAA (1871/72); 1872 Delegierter des Haager Kongresses und korrespondierender Sekretär des Britischen Föderalrats, in welchem er sich dem reformistischen Flügel anschloss; wandte sich gegen die Beschlüsse des Haager Kongresses und wurde vom Generalrat am 30. Mai 1873 aus der IAA ausgeschlossen.

Robinet, Jean-François-Eugène (1825-1899), frz. Arzt und Historiker, Positivist, Republikaner; Teilnehmer der Revolution von 1848, Maire eines Arrondissements während der Belagerung von Paris 1870/71, Mitglied der Republikanischen Union für die Rechte von Paris; trat für die Versöhnung von Versailles mit der Kommune ein.

Roland Holst van der Schalk, Henriëtte (1869-1952), holl. Schriftstellerin; 1915 Teilnehmerin der Zimmerwalder Konferenz; bis 1927 Kommunistin, bekannte sich danach zu einem »religiösen Sozialismus«; von Dante und Spinoza beeinflusste Lyrik; Essays, Dramen und Biographien, z. B. »Rosa Luxemburg« (1935).

S

Saint-Simon, Claude-Henri de Rouvroy, Comte de (1760-1825), frz. utopischer Sozialphilosoph; beschäftigte sich mit der Problematik der neuen Industriegesellschaft; löst die soziale Frage durch eine sittlich-religiöse geistige Erneuerung der Menschheit mit dem Ziel der vollkommenen, klassenlosen Gesellschaft; großer Anreger des frz. Sozialismus – »De la réorganisation de la société européenne (1814); »L'organisateur« (2 Bde. 1819-1820); »Nouveau Christianisme« (1825).

Saisset, Jean-Marie-Joseph-Théodore (1810-1879), frz. Admiral und Politiker, Monarchist, leitete im Deutsch-Französischen Krieg die Verteidigung der östlichen Forts von Paris (20. bis 25. März 1871), versuchte die reaktionären Kräfte in Paris zur Niederschlagung der proletarischen Revolution vom 18. März zu vereinen; Deputierter der Nationalversammlung von 1871.

Sassulitsch, Vera Iwanowna (1851-1919), russ. Revolutionärin; anfänglich Volkstümlerin, beteiligte sich 1883 an der Gründung der Gruppe Befreiung der Arbeit, übersetzte einige Werke von Marx ins Russische und stand mit Marx und Engels im Briefwechsel; 1900 Redaktionsmitglied der »Iskra«, schloss sich nach 1903 den Menschewiki an; nach 1917 Gegnerin der Sowjetmacht; am 24. Januar 1878 erschoss sie den Petersburger Polizeichef General Trepov, der das Schlagen eines politischen Gefangenen befohlen hatte, weil dieser seine Mütze nicht abgenommen hatte, als der General vorbeikam; die Sassulitsch wurde nach einem aufsehenerregenden Gerichtsverfahren von einem Geschworenengericht aus einfachen Leuten freigesprochen.

Schapper, Karl (1812-1870), einer der Führer des Bundes der Gerechten; Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Gerechten; Teilnehmer der Revolution von 1848/49; Februar bis Mai 1849 Präsident des Kölner Arbeitervereins; 1850 bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten zusammen mit Willich Führer der gegen Marx gerichteten Fraktion; 1856 näherte er sich wieder Marx; Mitglied des Zentralrats der IAA (1865).

Schwarze Umverteilung (Tschorny Peredjel) – siehe Semlja i Wolja.

SDAPR (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands): 1898 in Minsk gegründete erste allrussische marxistische Partei; Vorläufer waren die Gruppe der Befreiung der Arbeit und der von Lenin 1895 in Petersburg gegründete Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse; auf dem II. Parteitag 1903 kam es zur Spaltung in die Fraktionen der radikalen Bolschewiki unter Lenin und der gemäßigten Menschewiki; die SDAPR zerfiel endgültig 1912.

SDAPR (B) – siehe Bolschewiki.

Semlja i Wolja [russ.: »Land und Freiheit«]:

1. revolutionärer Geheimbund der Rasnotschinzen 1861-1864 in Petersburg.

2. 1876-1879 revolutionäre Geheimorganisation der Narodniki (»Volkstümler«); 1879 gespalten in die terroristische Narodnaja Wolja (Ermordung Alexander II., 1881) und den gemäßigten Tschorny Peredjel, der die revolutionäre Propaganda in den Vordergrund stellte.

Semstwo [russ.]: die vom Adel beherrschte örtliche Selbstverwaltung in den zentralen Gouvernements des zaristischen Russland, die 1864 eingeführt wurde; die Kompetenz der Semstwo beschränkte sich auf rein lokale wirtschaftliche Fragen (Einrichtung von Krankenhäusern, Straßenbau, Statistik, Versicherung); ihre Tätigkeit stand unter der Kontrolle der Gouverneure und des Innenministers, die jeden unerwünschten Beschluss des Semstwo aufheben konnten.

Shylock: Gestalt aus Shakespeares Komödie »Der Kaufmann von Venedig«; Verkörperung eines erbarmungslosen Wucherers.

Sismondi, Jean-Charles-Leonard Sismonde de (1773-1842), Schweizer Ökonom und Historiker, kritisierte den Kapitalismus »vom Standpunkt des Kleinbürgers« (Lenin) und idealisierte die Kleinproduktion.

Smith, Adam (1723-1790), bedeutendster brit. Ökonom vor Ricardo; er verallgemeinerte die Erfahrungen der kapitalistischen Manufakturperiode und des beginnenden Fabriksystems und gab der klassischen bürgerlichen Ökonomie ihre entwickelte Gestalt – Hauptwerk: »An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations« (1776).

Der Social-Demokrat: Organ des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), erschienen vom 15. Dezember 1864 bis 1871; 1864/65 unter der Redaktion von Johann Baptist von Schweitzer, inoffizieller Mitredakteur war Wilhelm Liebknecht; ab Nr. 89 vom 1. Juli 1865 erschien sie unter dem Titel »Social-Demokrat«; außer Marx' »Inauguraladresse der Internationalen Arbeiter-Assoziation« (1864) wurden in der Zeitung auch sein Artikel über Proudhon und Engels' Übersetzung des altdän. Volksliedes »Herr Tidmann« veröffentlicht – siehe auch Marx' Erklärung vom 15. März 1865 (MEW, Bd. 16, S. 86-89)

Le Socialiste: Wochenzeitung, erschienen seit 1885 als theoretisches Organ der frz. Arbeiterpartei, ab 1902 Organ der Sozialistischen Partei Frankreichs und ab 1905 das Organ der frz. Sozialistischen Partei; die Zeitung veröffentliche Auszüge aus Arbeiten von Marx und Engels, Artikel und Briefe von bekannten Vertretern der frz. und der internationalen Arbeiterbewegung um die Jahrhundertwende 19/20, z. B. Paul Lafargue, Wilhelm Liebknecht, Clara Zetkin, Georgij W. Plechanow und anderen; 1915 eingestellt.

Sorge, Friedrich Albert (1828-1906), dt. Sozialist; nahm teil an der Revolution von 1848, führender Funktionär der IAA und der Arbeiterbewegung in Amerika; Freund von Marx und Engels.

Der Sozialdemokrat: während des Sozialistengesetzes 1879-1888 in Zürich, 1888-1890 in London erschienene, in Deutschland illegal verbreitete Wochenzeitung, Zentralorgan der dt. Sozialdemokratie; Herausgeber waren August Bebel und Eduard Bernstein.

Sozialdemokratie: in Deutschland seit Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (1869) Bezeichnung für die revolutionären Arbeiterparteien; 1889 Zusammenfassung der internationalen Sozialdemokratie in der II. Internationale; seit deren poltischem Zusammenbruch 1914 Bezeichnung für die reformistischen Arbeiterparteien und ihre Politik.

Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) – siehe Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAP): Partei der österr. Arbeiterklasse; 1888/89 unter maßgeblicher Beteiligung von Victor Adler auf dem Hainfelder Parteitag gegründet; Grundlage waren die seit den 1860er Jahren entstandenen Arbeitervereine; seit 1904 Entwicklung des Austromarxismus; 1907 stieg die SDAP zur zweitstärksten Fraktion im Reichsrat auf, 1918 war sie stärkste Partei und stellte mit Karl Renner den ersten Regierungschef der Republik; ab 1920 oppositionell; 1934 nach dem gescheiterten Aufstand gegen die faschistische Regierung Dollfuß verboten und verfolgt; 1945 Neugründung unter Renner als Sozialistische Partei Österreichs (seit 1991 Sozialdemokratische Partei Österreichs); seit dem Wiener Programm (1958) verfolgt die Partei rein reformistische Ziele.

Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands – siehe SDAPR.

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD): Partei der dt. Arbeiterklasse; 1869 auf dem Eisenacher Kongress unter Führung von W. Liebknecht und A. Bebel als Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP, »Eisenacher«) gegründet, entwickelte sie sich auf Basis des Marxismus zur Massenpartei; vereinigte sich 1875 auf dem Gothaer Parteitag mit dem ADAV (gegr. 1863) unter Führung von F. Lassalle zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP); trotz Verfolgung durch das Sozialistengesetz 1878-1890 entwickelte sie sich weiter und erlangte Masseneinfluss; auf dem Hallenser Parteitag (1890) nahm sie den Namen Sozialdemokratische Partei Deutschlands an; mit der Jahrhundertwende setzte sich innerhalb der SPD immer mehr Revisionismus und Zentrismus durch (u. a. E. Bernstein, K. Kautsky); mit Beginn des I. Weltkrieges (unter Ebert und Haase) offener Verrat der Führung an den Arbeiterinteressen (infolgedessen 1916-1922 Abspaltung der USPD und 1918/19 Gründung der KPD), dasselbe gilt für die Erstickung der dt. Revolution 1918/19 durch Noske und Ebert; 1933 verboten, Exilvorstand in Prag, Paris (ab 1938) und London (1940); 1945 in allen Besatzungszonen Neugründungen, im Westen unter K. Schumacher; in der SBZ unter O. Grotewohl 1946 Vereinigung mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED); die West-SPD vollzieht 1959 mit dem Godesberger Programm ihre endgültige Abkehr vom Marxismus.

Sozialismus: die erste Phase der klassenlosen sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsformation; beruht auf dem gesellschaftlichen Eigentum von Produktionsmitteln, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist beseitigt; die Volkswirtschaft wird planmäßig entwickelt, um durch ständige Erhöhung der Produktion die wachsenden Bedürfnisse der Werktätigen möglichst vollständig zu befriedigen; die Verteilung erfolgt nach dem Prinzip »Jedem nach seiner Leistung«; Voraussetzung für den unter Führung der proletarischen Partei erfolgenden Aufbau des Sozialismus ist der revolutionäre Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie und die Errichtung der Diktatur des Proletariats, mit der die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus beginnt – vgl. Kommunismus.

Spartakusbund: ein Zusammenschluss dt. revolutionärer Sozialisten zur Zeit des I. Weltkrieges; nannte sich zunächst »Spartakusgruppe« (hervorgegangen aus der Gruppe Internationale, benannt nach der illegalen Zeitschrift »Spartacus« (»Spartakusbriefe«, 1916-1918); am 11. November 1919 Konstituierung als Spartakusbund; noch 1917 unter Vorbehalt politisch-ideologischer Selbständigkeit Anschluss an die USPD; führende Vertreter waren Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und L. Jogiches; der Bund war der Kern der späteren KPD.

The Spectator: brit. Wochenschrift liberaler Richtung, 1828 in London gegründet.

Stepney, Cowell William Frederick (1820-1872); Mitglied der Reformliga, Mitglied des Generalrats der IAA (1866-1872) und Schatzmeister des Rats (1868-1870); 1868 Delegierter des Brüsseler und 1869 des Baseler Kongresses, 1871 Delegierter der Londoner Konferenz der IAA; 1872 Mitglied des Britischen Föderalrats.

Stoa [grch.]: um 300 v. u. Z. von Zenon d. J. aus Kition gegründete philosophische Richtung, benannt nach dem Lehrort, der »Stoa poikile« in Athen; neben der älteren (Zenon, Kleanthes von Assos, Chrysipp) unterscheidet man eine jüngere Stoa (Seneca, Musonios aus Volsinii, Epiktet, Marc Aurel); das Hauptinteresse galt der praktischen Lebensführung (Ethik), wobei sich allmählich der Rigorismus der alten Stoa milderte und neben dem Ideal des Weisen die Gestalt des sich um Tugend mühenden wichtig wurde.

Stoizismus ist die Philosophie der Stoa und der Einfluss stoischer Gedanken auf die nachfolgenden Zeiten; im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Synonym für unerschütterlichen Gleichmut.

Strang, William (1893-1978), engl. Diplomat; seit 1919 Beamter des Außenministeriums und Anfang der 1930er Jahre in der brit. Botschaft in Moskau beschäftigt, kam als Unterhändler für die brit. Regierung im Juni 1939 nach Moskau.

Sulla, Lucius Cornelius (138-78 v. u. Z.), röm. Feldherr und Staatsmann; Konsul (88 v. u. Z.), Diktator (82-79 v. u. Z.).

Susane, Louis (1810-1876), frz. General, mehrere Jahre Leiter der Artillerieverwaltung im Kriegsministerium, schrieb einige Arbeiten über die Geschichte der frz. Armee.

Swesda [russ.: »Der Stern«]: legale bolschewistische Zeitung, Vorläuferin der »Prawda«; erschienen vom 16. (29.) Dezember 1910 bis zu ihrem Verbot am 22. April (5. Mai) 1912 in Petersburg; von Lenin geleitet; von den 96 Ausgaben der »Swesda« und der »Newskaja Swesda« wurden 39 beschlagnahmt und 10 sanktioniert; einzelne Auflagen von mehreren Zehntausend.

T

Tamerlan (Timur) (1336-1405), Mongolenkhan, seit 1370 Herrscher in Samarkand; eroberte Mittelasien und Persien.

Tamisier, François-Laurent-Alphonse (1809-1880), frz. General und Politiker, Republikaner; während der II. Republik Deputierter der konstituierenden und der gesetzgebenden Nationalversammlung; Oberkommandant der Nationalgarde von Paris (September bis November 1870); Deputierter der Nationalversammlung von 1871.

Thiers, Louis-Adolphe (1797-1877), frz. Historiker und Staatsmann, Orleanist; Innenminister (1832, 1834); Ministerpräsident (1836, 1840); 1871 Chef der Exekutivgewalt (Vorsitzender des Ministerrates), Präsident der Republik (1871-1873), Henker der Pariser Kommune.

Tolain, Henri-Louis (1828-1897), frz. Graveur, rechter Proudonhist, einer der Führer der Pariser Sekton der IAA; 1865 Delegierter der Londoner Konferenz, 1866 der Genfer, 1867 der Lausanner, 1868 der Brüsseler und 1869 des Basler Kongresses der IAA; Deputierter der Nationalversammlung von 1871, ging während der Pariser Kommune zu den Versaillern über; wurde 1871 aus der IAA ausgeschlossen.

Tories: brit. polit. Gruppierung, entstanden aus den großbürgerlichen Königsgegnern der brit. bürgerlichen Revolution (alter grundbesitzender Adel); großer politischer Einfluss in der Restaurationszeit (1660-1688); 1784 vereinigten sich die kapitalistischen Elemente der Partei unter Pitt d. J. mit Teilen der Whig-Bourgeoisie zu den neuen Tories; diese Vereinigung zerfiel 1827; aus den alten, grundbesitzenden Tories (rechte oder Hoch-Tories) entstand die Konservative Partei, deren Anhänger noch heute Tories genannt werden; der großbürgerliche Flügel mündete als linke Tories in die Liberale Partei ein.

Trade-Unionismus [engl.: »Gewerkschafterei«]: das opportunistische Bestreben besonders der engl. Sozialdemokratie, die Lage der Arbeiterklasse durch möglichst starke Gewerkschaften und soziale Reformen zu verbessern: Vertreter z. B. Beatrice und Sidney James Webb, »Die Geschichte des britischen Trade-Unionismus« (1894).

Trochu, Louis-Jules (1815-1896), frz. General und Politiker, Orleanist; nahm in den 1830/40er Jahren an der Eroberung Algeriens, später am Krimkrieg und 1859 am Italienischen Krieg Teil; Chef der »Regierung der Nationalen Verteidigung« und Oberbefehlshaber der Pariser Armee (September 1870 bis Januar 1871), sabotierte die Verteidigung der Stadt; Deputierter der Nationalversammlung von 1871.

Trotzki, Lew (Leo) Dawidowitsch (1879-1940) – siehe Trotzki-Archiv.

Tschorny Peredjel – siehe Semlja i Wolja.

V

Vaillant, Édouard (1840-1915), frz. Sozialist, Blanquist; Mitglied der Pariser Kommune, 1871/72 Mitglied des Generalrats der IAA, Delegierter der Londoner Konferenz (1871); Mitbegründer der Sozialistischen Partei Frankreichs, später Reformist.

Valentin, Louis-Ernest, frz. General, Bonapartist; Polizeipräfekt von Paris am Vorabend der Revolution vom 18. März 1871.

Vinoy, Joseph (1800-1880), frz. General, Bonapartist, Teilnehmer am Staatsstreich vom 2. Dezember 1851; befehligte im Deutsch-Französischen Krieg das XIII., dann das I. Korps und die 3. Pariser Armee; seit dem 22. Januar 1871 Gouverneur von Paris; befehligte die Reservearmee der Versailler, Henker der Kommune.

Das Volk: Wochenzeitung, in dt. Sprache vom 7. Mai bis 20. August 1859 in London erschienen, offizielles Organ des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London; zuerst unter Redaktion des dt. Publizisten Elard Bliscamp; ab Nr. 2 arbeitete Karl Marx inoffiziell mit, redigierte Artikel und organisierte Kapital; in Nr. 6 gab die Redaktion offiziell die Mitarbeit von Marx, Friedrich Engels, Ferdinand Freiligrath, Wilhelm Wolff und Heinrich Heine bekannt; Anfang Juli übernahm Marx die Leitung; insgesamt erschienen 16 Nummern u. a. mit Marx' Vorwort zu seiner Schrift »Zur Kritik der Politischen Ökonomie« und fünf weiteren Artikeln, von Engels neun Artikel sowie die Rezension zur »Kritik«; die Zeitung musste ihr Erscheinen schließlich wegen Geldmangels einstellen.

Der Volksstaat: Zentralorgan der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (»Eisenacher«); hervorgegangen aus dem »Demokratischen Wochenblatt«, erschienen 1869-1876 in Leipzig unter der Leitung von Wilhelm Liebknecht; Mitarbeiter waren u. a. Karl Marx und Friedrich Engels; großen Einfluss hatte auch August Bebel, der einige Jahre als Leiter des »Volksstaat«-Verlags fungierte.

Volkstümler – siehe Narodniki.

Voltaire, François-Marie Arouet de (1694-1778), frz. deistischer Philosoph, satirischer Schriftsteller, Historiker; Vertreter der bürgerlichen Aufklärung im 18. Jahrhundert, kämpfte gegen Absolutismus und Katholizismus.

Vorwärts:

1. [»Vorwärts!«:] dt. Zeitung, von Januar bis Dezember 1844 in Paris erschienen; ab Sommer 1844 war Marx an der Redaktion der Zeitung beteiligt, was sich an ihrer Radikalisierung ablesen ließ (z. B. scharfe Kritik an den reaktionären Zuständen in Preußen); auf Forderung der preuß. Regierung verfügte das Ministerium Guizot im Januar 1845 die Ausweisung von Marx und anderer Mitarbeiter des »Vorwärts!« aus Frankreich, worauf er sein Erscheinen einstellte.

2. Zentralorgan der dt. Sozialdemokratie, erschienen 1876-1878 in Leipzig und 1891-1933 in Berlin.

W

Warski (Warszawski), Adolf (1868-1937), poln. Arbeiterführer; 1889 Mitbegründer des ZRP (»Bund polnischer Arbeiter«) und 1893/1900 der Sozialdemokratischen Partei Polens und Litauens (SDKPiL); nahm an der poln. Revolution 1905-1907 teil und befand sich mehrmals in Haft; 1915 Teilnehmer der Zimmerwalder Konferenz; Mitbegründer der KP Polens (1918), Mitglied des ZK (1919-1929) und des Politbüros des ZK (1923-1929) der KP; 1926 Deputierter des Sejms; 1929 Emigration in die Sowjetunion.

Weitling, Christian Wilhelm (1808-1871), dt. Schneidergeselle; Mitglied im Bund der Gerechten seit 1836, propagierte einen utopischen Gleichheitskommunismus, der bis zur Herausarbeitung des wissenschaftlichen Kommunismus eine positive Rolle als »erste selbständige theoretische Regung des deutschen Proletariats« (Engels) spielte; er hatte zeitweise eine führende Rolle innerhalb der entstehenden dt. Arbeiterbewegung inne; 1849 Emigration in die USA, dort Gründung einer kommunistischen Musterkolonie.

Weston, John, engl. Zimmermann, später Unternehmer, Anhänger Robert Owens; Teilnehmer der Versammlung vom 28. September 1864 in St. Martin's Hall; aktives Mitglied des Generalrats der IAA (1864-1872), 1865 Delegierter der Londoner Konferenz; Mitglied des Exekutivkomitees der Reformliga; ein Führer der Land and Labour League; Mitglied des Britischen Föderalrats.

Whigs (Whig Party) [von engl. Whiggamore = abschätzige Bezeichnung für die schott. Covenanter des 17. Jahrhunderts, d. h. radikale Presbyterianer]:

1. brit. politische Gruppierung; entstanden aus den großbürgerlichen Königsgegnern der brit. bürgerlichen Revolution (kapitalistischer Landadel, Handels- und Bankbourgeoisie); sie inszenierten den Staatsstreich von 1688 und herrschten unter der konstitutionellen Monarchie der Dynastie Hannover; nach einer Spaltung 1784 bildeten Teile der Whigs mit Teilen der Tories als neue Whigs unter W. Fox ein Sammelbecken der vom politischen Einfluss ausgeschlossenen Industriebourgeoisie und des städtischen Mittelstandes; mit Unterstützung des Proletariats konnten sie die 1. Parlamentsreform von 1832 durchsetzen; danach formierten sie sich zur Liberalen Partei, deren Anhänger bis heute Whigs genannt werden.

2. 1834 in den USA von Gegnern Andrew Jacksons gegründete Partei; ging in den 1850er Jahren in der Republikanischen Partei auf – siehe auch Demokratisch-Republikanische Partei.

Wrangel, Peter Nikolajewitsch, Baron von (1878-1928), russ. General; im I. Weltkrieg Befehlshaber eines Kosakenregiments, nach der Oktoberrevolution schloss er sich den weißen Truppen in Südrussland an und wurde als Nachfolger Denikins 1920 deren Oberbefehlshaber; nach dem Waffenstillstand zwischen Sowjet-Russland und Polen im Oktober 1920 konnte die Rote Armee ihre Kräfte gegen Wrangel konzentrieren; er musste sich mit seinen Rest-Truppen auf die Krim zurückziehen und floh schließlich ins Ausland.

Wroblewski, Walery (1836-1908), poln. revolutionärer Demokrat; einer der Führer des polnischen Befreiungsaufstandes von 1863/64; General der Pariser Kommune, Mitglied des Generalrats der IAA und korrespondierender Sekretär für Polen (1871/72); Delegierter des Haager Kongresses (1872), kämpfte aktiv gegen die Bakunisten.

Z

Zabicki, Antoni (um 1810-1871), Vertreter der poln. nationalen Befreiungsbewegung, Schriftsetzer; emigrierte nach 1831 aus Polen, Teilnehmer der ungar. Revolution 1848/49; seit 1851 Emigrant in England; einer der Führer der Demokratischen Gesellschaft in London, gab seit 1863 die Zeitschrift »Glos Wolny« heraus; Sekretär des Polnischen Nationalkomitees, Mitglied des Generalrats der IAA (1866-1871), korrespondierender Sekretär für Polen.

Zentrismus: Ideologie der Versöhnung von Marxismus und Revisionismus, deren Hauptvertreter in der dt. Sozialdemokratie Karl Kautsky war.

Zetkin, Clara (1857-1933), hervorragende Sozialistin und Kämpferin für die Gleichberechtigung der Frau; seit 1881 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei; Kampfgefährtin Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts; Gründerin und Sekretärin des Internationalen Frauensekretariats (1907-1917), leitete die marxistische Frauenzeitschrift »Die Gleichheit« (1892-1917) und organisierte die internationale sozialistische Frauenkonferenz von Bern im März 1915; dann in Haft; Mitglied der Spartakusgruppe, ab 1919 Mitglied des ZK der KPD und ab 1921 Mitglied der Exekutive und des Präsidiums der Komintern; seit 1924 Präsidentin der Internationalen Roten Hilfe; Mitglied des Reichstags (1920-1933).

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